Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich in den verschiedenen Regionen eine Kultur des Essigs, die bisweilen sehr unterschiedliche Formen, Bedeutungen und Konturen annahm, sich aber um ein gemeinsames Objektiv drehten: jenen intensiven Geschmack mit ausgeprägter Säure zu erzielen, der bei Soßen, Konserven und süß-sauren Zubereitungen so beliebt ist. Bei uns in der Toskana ist es Tradition, dafür Holzfässer oder kleine Eichenfässer weiterzuverwenden, die nicht mehr für den Ausbau von Wein geeignet sind. Der Teil der geernteten Trauben (typisch für das Chianti-Gebiet: Sangiovese, Canaiolo, Trebbiano, Malvasia) mit dünnerer Schale und geringerem Alkoholgehalt wird separat vinifiziert, um Essig herzustellen, und in den gebrauchten Fässern mehr oder weniger lange gelagert. Bei La Vialla wird der klassische Rotweinessig aus nicht vollständig ausgereiften Trauben oder solchen mit geringerem Zuckergehalt aus biologischer und biodynamischer Landwirtschaft hergestellt. Er reift etwa 6-12 Monate in Holzfässern, in denen über fünf Jahre hinweg Rotweine der Fattoria ausgebaut wurden.
In der Provinz Modena (Emilia Romagna) hat sich ein wahrhaftiger Kult des Balsamico-Essigs entwickelt. Im Laufe der Jahrhunderte haben die Adligen und später auch Bauern und Privatpersonen die Methode einer extrem langen Reifung (nach dem Regelwerk von mindestens 12 Jahren, gebräuchlich sind jedoch mehr als 20 Jahre) des gekochtem Traubenmosts ausgearbeitet, der in Fässern verschiedener Größen und aus unterschiedlichen Holzarten gelagert wird: Eine Reihe von Caratelli (= kleine Fässer) mit einem Fassungsvermögen von 20 bis 200 Litern, die jeweils aus einer anderen Sorte Holz, von Kirsche bis Eiche gefertigt sind, in die die kostbare, durch Verdampfung verfeinerte und reduzierte Flüssigkeit nach und nach, je mehr sie an Volumen verliert, vom größten bis zum kleinsten umgefüllt wird.